PROJEKTREPORTAGE

Center for Soft Nanoscience

Studio Kresings, Münster

Sichtbarkeit im Kleinen

  • Autorin: Uta Winterhager
  • Fotos: Roman Mensing

Im 2017 fertiggestellten „Center for Soft Nanoscience (SoN)“auf dem Wissenschaftscampus in Münster forschen Biologen, Physiker, Chemiker und Molekularbiologen aus aller Welt. Die Architekten Kresings haben den markanten Riegel geschaffen, der unter sehr speziellen Bedingungen funktioniert, die nur ein maßgeschneidertes, hochfunktionales und hochtechnisiertes Gebäude bieten kann.

Für Kresings war der Campus der Westfälischen Wilhelms-­Universität kein Neuland. Zweimal bereits haben sie hier, wo westlich der Münsteraner Innenstadt die naturwissenschaft­lichen Institute versammelt sind, gebaut: das Max ­Planck­-Institut für molekulare Biomedizin (2006) und das CeNTech II (2011). In dem vom Bau­ und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein­-Westfalen ausgelobten VOF-Verfahren für den Neubau des Centers für Soft Nanoscience kam ihnen diese Erfahrung sicher zugute. Der Campus ist eine Ansammlung von hochfunktionalen Solitären. Das SoN sollte auf Wunsch der Univer­sität aber dazu beitragen, die internationale Wahrnehmung des Forschungsstandorts Münster zu stärken. Einen großen finanziellen Spielraum hatten die Architekten für dieses Projekt, bei dem allein die Haustechnik etwa 50 Prozent der Kosten ver­ursachte, allerdings nicht. Dennoch wurde das Institut im November 2017 pünktlich und im Kostenrahmen fertiggestellt übergeben, ein Jahr später fand die offizielle Einweihung statt. Das dreigeschossige Gebäude wirkt von außen wie eine technische Apparatur: silberglänzend, glatt, funktional und dynamisch durch die schräg verlaufende Fassade im Süden. Im Kontrast dazu steht das andere Fassadenende, das von einem wild blühenden Hügel umschlossen ist.

Chemische Laborwelten mit Auswertung unter Tageslicht

Soft Nanoscience – dieser Oberbegriff fasst die Forschung im dreidimensionalen Nanometer-­Maßstab in Flüssigkeiten zu­sammen. Beispiele sind etwa die Konstruktion von Molekülen für die Anwendung in Medizin oder Pharmazie, wo der Einsatz der winzigen Teilchen den Weg für neue Therapien öffnen soll. Es geht um Ordnungen und Strukturen. Dies mussten auch die Architekten begreifen, bevor sie mit den Planungen beginnen konnten, und organisierten eine dichte Folge von Besprechungen in kleinerem Kreis, um die dem Raumprogramm zugrundeliegenden Funktionen zu verstehen und daraus ein schlüssiges Konzept zu entwickeln. Auf einer Gesamtfläche von fast 8.000 Quadratmetern wurden 140 Arbeitsplätze für Professoren, Doktoranden und Masterstudenten geschaffen. Viele, die die einmalige technische Ausstattung des SoN nutzen, kommen aus dem Ausland und sehen von Münster selten mehr als diese Forschungslandschaft. Dem Architekten Rainer Maria Kresing, der sich als Anwalt der Sinne versteht, lag viel daran, dass das Bild, das sie wieder mit nach Hause nehmen, nicht nur ein funktionales, sondern auch ein schönes ist.

Blick in den Reinraum

Die 100 Meter Länge des Institutsgebäudes betonen Fenster­bänder in den Obergeschossen, der Baukörper selbst ist mit silbergrünschimmernden Aluminiumverbundplatten verkleidet. Das SoN wird über ein großzügiges Atrium im abgeschräg­ten Fassadenende erschlossen. Die wissenschaftlichen Nutzungen des Erdgeschosses, der Reinraum, die Physiklabore und das Herz des Instituts, der Mikroskopiebereich, sind – ihren Lageanforderungen entsprechend – hintereinander angeordnet.

Große Gestaltungsspielräume hatten die Architekten hier nicht, vielmehr kam es darauf an, die jeweiligen spezifischen Gege­benheiten optimal zu organisieren. So erfordert der Reinraum eine deutlich über der Norm liegende Gebäudetiefe. Die fünf Labore für Versuche in partikelfreier Luft sind umgeben von einem Grauraum, der nur über Schleusen für Mensch und Material zugänglich ist. Auch die hier erforderliche Raumhöhe ist maßgeblich für das gesamte Gebäude. Vorgegeben sind 2,70 Meter für die Labore und darüber noch einmal 2,70 Meter für Installationen, die hier jedoch, um Kosten zu sparen, auf 1,70 Meter beschränkt wurden. Um das Tageslicht trotz der großen Tiefe optimal zu nutzen, legten Kresings alle Büros an die lange Westflanke des Gebäudes. Den Laboren kam die große Gebäudetiefe sehr zugute, denn so sind die Computer­arbeitsplätze am Fenster angeordnet, direkt dahinter und durch eine Glasschiebetür getrennt, liegen die Laborarbeitsplätze. Im Erdgeschoss arbeiten die Physiker, im 1. Obergeschoss die Biologen und im 2. Obergeschoss die Chemiker.

Ausgang der Mikroskopie

Gen Norden verschwindet der lange Riegel in einem ansteigenden Erdwall. Das eingeschossige Fassadenende steckt komplett in dem glasfaserbewehrten grünen Hügel, auf dem im Frühjahr der Mohn, im Sommer die Schafgarbe blüht. Draußen ist ein wenig Wildwuchs gestattet, aber in dem darin verborgenen Mikroskopiebereich gelten strengste Vorgaben. Der Wall reduziert die äußeren Wärmelasten und die magnetische Strahlung. Um Schallübertragung und Schwingungen zu unter­binden, ist der Bereich vom übrigen Haus vollkommen abgekoppelt und mit einem glasfaserarmierten Fundament separat gegründet. In einem der Labore kann die Bodenplatte auf Luftkissen gelagert werden, um ein vollkommen schwingungs­freies Podest für ein Spezialmikroskop zu bilden.

Bei einem Gebäude wie dem SoN erfordert der Erhalt der Gestaltungsspielräume gute Argumente. Drei Punkte nannte Projektleiter Thomas Teepe, die sich heute aber sowohl funktional als auch ästhetisch wirksam beweisen: die markante Form, den grünen Wall und das Atrium. Letzteres wurde zwar erst durch die große Gebäudetiefe begründbar, doch wenn man die Arbeitsplätze gesehen hat, wird schnell klar, wie wichtig die im Kontrast fast wohnlich gestalteten Kommunikationszonen sind – denn das Forschen kann mitunter sehr einsam sein. Hier kamen in Küchen­ und Sanitärräumen die technisch verlässlichen und mit Sinn für Ästhetik designten Grohe Armaturen zum Einsatz. Auch die, die sich sonst im Bereich von einem Millionstel Millimeter bewegen, wissen die Gespräche an der Kaffeemaschine sehr zu schätzen

Produktinformationen: Auch an den Waschtischen der Forschungseinrichtung haben Zuverlässigkeit und einfachste Bedienung hohe Priorität: Die Eurosmart Cosmopolitan Armatur von GROHE glänzt mit neuester Technologie und fortschrittlichem Design.

Architekten

Kresings Architektur GmbH,
Lingener Straße 12, 48155 Münster

www.kresings.com

Das Architekturbüro Kresings ist ein deutschlandweit tätiges Familienunternehmen mit aktuell 60 Mitarbeitern und Standorten in Münster und Düsseldorf. Sein interdisziplinäres Leistungs spektrum umfasst neben Architekturleistungen auch Städtebau sowie Innen architektur in den Bereichen Büro, Wohnen, Bildung, Labore, Hotel und Event. Geleitet wird das Studio von Rainer Kresing, Kilian Kresing und Christian Kawe.

Projekte (Auswahl)

2022 Alexander-von-Humboldt-Schule, Rüsselsheim a.M.
2020 SOS-Kinder-dorf, Düsseldorf
2019 Wohn- und Bürogebäude Hageloft / MUUUH! Group, Osnabrück
2016 4. Aachener Gesamtschule, Aachen
2015 Deutschland-zentrale Mitsubishi Electric Europe, Ratingen

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